Wir wollen uns wieder häufiger über die Regenbogenpresse beschweren — also nicht nur hier im topfvollgold, sondern so richtig offiziell.
In Deutschland ist dafür der Presserat die oberste Anlaufstelle. Deswegen schicken wir ab sofort wieder regelmäßig Beschwerden über einzelne Regenbogenartikel dorthin. Das hat vor etwas mehr als anderthalb Jahren schon einmal ganz gut geklappt.
Unsere Beschwerden, die Reaktionen der Verlage und die Entscheidungen des Presserats dokumentieren wir in unserer neuen Rubrik “Post an den Presserat”. Die ersten drei Beschwerden unseres neuen Anlaufs sind heute rausgegangen:
(Draufklicken für eine größere Version)
Und hier könnt Ihr nachlesen, was uns an den Artikeln nicht gepasst hat …
1)
Im Artikel schreibt die “Freizeit im Blick” über die allgemeine, theoretische Gefahr eines plötzlichen Säuglingstodes und illustriert diese am Beispiel von Stefan Mross’ wenige Monate alter Tochter:
Seine zweite Tochter Paula-Elise ist 52 Zentimeter groß und 3800 Gramm schwer – und sieht so zerbrechlich aus. Und in gewisser Weise ist sie das auch! Denn vor allem in den ersten Wochen ist so ein kleines Wesen in großer Gefahr. [...] Denn nach wie vor zählt der Plötzliche Säuglingstod zu den häufigsten Todesarten bei Kindern unter zwei Jahren.
Auf der Titelseite kündigt die Redaktion diesen Artikel mit “Stefan Mross — Plötzlicher Kindstod! Der Moderator und seine Frau finden keinen Schlaf mehr” an.
2)
Stefan Mross und seine Tochter haben — abgesehen von der theoretischen Möglichkeit eines plötzlichen Säuglingstodes — rein gar nichts mit dem Thema zu tun. Der Musiker hat sich nicht öffentlich zu diesem Thema geäußert, seine Tochter scheint nicht begründet stärker gefährdet zu sein als andere Säuglinge. Im Gegenteil — die “Freizeit im Blick” schreibt selbst:
Er [Stefan Mross] tut alles, um alle Gefahren und Risiken einzudämmen. Das bedeutet ‘Rückenlage’ zum Schlafen, ‘Rauchfrei’ und ‘Richtig gebettet’. [...] Stefan Mross tut alles, um seine Tochter zu schützen.
Es dürfte Mross’ kleiner Tochter also prächtig gehen. Dennoch erweckt die Redaktion durch Schlag- und Unterzeile auf der Titelseite unserer Meinung nach den Eindruck, als sei Stefan Mross’ Tochter gestorben. Es wirkt, als wolle sie mit der aufsehenerregende Überschrift lediglich mögliche Käufer locken.
Dazu scheint es so, als habe sich die “Freizeit im Blick” die Details zur Art und Weise, wie Mross’ Tochter gebettet ist, schlicht ausgedacht — jedenfalls liefert die Redaktion keine Zitate oder Beweise, die ihre Aussagen bestätigen.
3)
Unseres Erachtens verstößt der Artikel der “Freizeit im Blick” gegen die Ziffern 1, 2 und 8 des Pressekodex.
Die anscheinend erfundenen Details zu den Schlafumständen von Stefan Mross’ Tochter sowie die Überschrift sind keine “wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit”. Diese zählt laut Ziffer 1 des Pressekodex allerdings zu den “oberste[n] Gebote[n] der Presse.” Die Überschrift zielt stattdessen nur darauf ab, die potenzielle Leserschaft zum Kauf zu bewegen, und nimmt eine falsche Information dabei billigend in Kauf.
Außerdem verfälscht die Titelzeile die tatsächlich vorliegenden Informationen. Dabei fordert die Sorgfaltspflicht in Ziffer 2 des Kodex, dass diese Informationen “durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden”.
Dazu missachtet die “Freizeit im Blick” durch den in der Schlagzeile auf dem Cover angedeuteten Kindstod “das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung.” Diese zu achten schreibt hingegen Ziffer 8 des Kodex vor. In diesem Fall sind sowohl Stefan Mross als auch seine Tochter und seine Frau betroffen.
1)
Auf ihrer Titelseite schreibt die “Freizeit Spezial”, die monegassische Fürstin Charlène sei “Unfruchtbar!” und: “Sie zerbricht daran, keine Kinder bekommen zu können”. Im dazugehörigen Artikel geht es hingegen nur um angebliche Gerüchte aus dem Palast-Umfeld, “dass die Fürstin sich mit dem Gedanken trägt, ihren Kinderwunsch endgültig zu begraben.” Eine Freundin Charlènes soll dem Blatt gesagt haben:
“Sie glaubt, dass diese Erwartungshaltung eine negative Auswirkung auf ihre Fruchtbarkeit hat. Der Druck blockiert ihren Körper, davon ist sie überzeugt. Sie hält es für eine Art Trotz-Reaktion ihres Körpers.”
Allein darauf basiert die “Unfruchtbar!”-Schlagzeile.
2)
Die Tatsachenbehauptung (“Unfruchtbar! Sie zerbricht daran, keine Kinder bekommen zu können”) spiegelt nicht den Inhalt des Artikels wider, in dem lediglich Mutmaßungen geäußert werden. Das Heft schreibt sogar selbst, dass Charlène durchaus noch damit rechne, Kinder zu bekommen:
Wie sehr sich auch Charlène ein Baby wünscht, wurde erst im Interview mit dem schwedischen Magazin “Svensk Damtidning” deutlich. “Ich glaube nicht, dass es noch lange dauern wird, bis wir ein Kind bekommen”, sagte die 36-Jährige damals.
Im Nachhinein stellten sich Schlag- und Unterzeile als unwahr heraus, schließlich verkündete der monegassische Hof am 30. Mai 2014 die Schwangerschaft Charlènes, am 10. Dezember 2014 brachte sie Zwillinge zur Welt. Vermutlich haben die Mitarbeiter der “Freizeit Spezial” die aggressive Titelaufmachung bewusst zur Käuferwerbung eingesetzt.
3)
Unseres Erachtens verstößt der Artikel der “Freizeit Spezial” gegen die Ziffern 1, 2, 8 und 9 des Pressekodex.
Schlag- und Unterzeile können weder als “wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit” noch als “Wahrung der Menschenwürde” gelten. Damit verstoßen sie gegen Ziffer 1 des Kodex: Die Aussagen, Charlène sei unfruchtbar und zerbreche daran, entsprechen erstens nicht der Wahrheit und greifen zweitens — völlig unabhängig vom Wahrheitsgehalt — auf heftige Weise die Intimsphäre der Fürstin an.
Ziffer 2 des Kodex sagt, dass Informationen “durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden” dürfen. Doch genau das macht die “Freizeit Spezial” durch ihre Wahl von Überschrift und Unterzeile auf dem Cover.
In Ziffer 8 ruft der Kodex die Presse dazu auf, “das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung” zu achten. Dem kommt die “Freizeit Spezial” nicht nach. Eine Unfruchtbarkeit fällt wohl in den Bereich der “Erkrankungen”, die Richtlinie 8.6 thematisiert. Da höchstwahrscheinlich keine Zustimmung Charlènes vorlag, dass die “Freizeit Spezial” fälschlicherweise über ihre Unfruchtbarkeit berichten darf, verstößt die Überschrift der Redaktion gegen diese Richtlinie.
Da das Thema Fruchtbarkeit Teil der Intimsphäre ist, eignet sich die sensationslüsterne und inhaltlich falsche Überschrift der “Freizeit Spezial” für eine Verletzung der Ehre der Fürstin. Laut Ziffer 9 des Kodex widerspricht es “journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzen.” Damit verstößt die Redaktion auch gegen diese Kodex-Ziffer.
1)
Der “Woche heute”-Artikel greift einen satirischen (und fiktiven!) Roman auf, in dem der Protagonist den Moderator Günther Jauch entführen will.
Da reift in Paul ein furchtbarer Plan: Er wird Günther Jauch entführen, um so über das Lösegeld an die entgangene Million zu kommen! Mit seinem Mitbewohner Herrn Müller und dessen Freundin Katja setzt er diesen Plan tatsächlich um. Günther Jauch wird betäubt und entführt!
… erzählt die “Woche heute” die Roman-Handlung nach.
2)
Die Redaktion erweckt auf der Titelseite den Eindruck, als gebe es ein echtes “Entführungs-Drama” um Günther Jauch. Gut möglich, dass sie mit der knallig-skandalösen Schlagzeile einzig den Verkauf des Heftes ankurbeln will. Ein klarer Hinweis, dass es sich bei der Entführung Jauchs um eine ausgedachte Geschichte handelt, fehlt auf dem Cover komplett. Die “Woche heute” spricht zwar von einer “unglaublichen Geschichte”; dass damit aber “unglaublich” im Sinne von “erfunden” gemeint ist, kann der Leser nicht erkennen. Das erfährt er erst im Innenteil — im vierten Absatz des Artikels.
3)
Unseres Erachtens verstößt der Artikel der “Woche heute” gegen die Ziffern 1, 2 und 8 des Pressekodex.
Die Überschrift auf der Titelseite und zahlreiche Absätze im Artikel entsprechen nicht einer “wahrhaftige[n] Unterrichtung der Öffentlichkeit”, wie es der Kodex in Ziffer 1 fordert. Stattdessen wird die Leserschaft getäuscht, damit sie am Kioskregal zugreift.
Laut Ziffer 2 darf der Sinn von Informationen “durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden.” Durch das suggerierte “Entführungs-Drama” in der Cover-Schlagzeile passiert aber genau das.
Die auf der Titelseite thematisierte, aber nie stattgefundene Entführung greift die “informationelle Selbstbestimmung” Günther Jauchs an. Diese soll die Presse laut Ziffer 8 allerdings achten und nicht torpedieren.
4)
Christian Ritter, der Autor der fiktiven Jauch-Entführung, hat sich mit einem offenen Brief an die “Woche heute” zu Wort gemeldet und gefragt:
Wie viele Gedanken haben Sie sich denn genau darüber gemacht, dass jemand Ihre Titelzeile falsch verstehen könnte?
Außerdem musste die “Woche heute” eine Gegendarstellung von Günther Jauch abdrucken, in der er klarstellt: “Es gibt im Zusammenhang mit meiner Person tatsächlich keinen Entführungsfall.” Da die Redaktion diese erste Gegendarstellung nicht so groß aufs Cover gesetzt hat, wie vom Gericht festgelegt, musste sie sie einige Monate später ein zweites Mal drucken.
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